Was ist Garten? Was ist Kunst? Was ist Gartenkunst?

Garten als universelle Idee

Die Entstehung der Gärten ist eng verwoben mit der urzeitlichen Entwicklung des Menschen. Drei markante kulturelle Leistungen des frühen Menschen können als Garten bezeichnet werden.

Im von Bäumen und Strauchwerk gerodeten Urwald entstand die Lichtung, freie Fläche, den Blick in den Himmel öffnend, bedingten Schutz vor den Tieren des Waldes bietend.

An den möglicherweise feuchteren Stellen der sich zunehmend versteppenden Landschaften wurden die Baumgruppen zum Hain, bestehend aus größeren Bäumen mit artbedingtem Abstand untereinander, zum schützenden Raum, jetzt schützend vor der Weite des Außens, der scheinbar unendlichen Weite der Steppe, des Himmels, der, hinter den sich überm Hain wölbenden Baumkronen durchscheinend, seine beunruhigende Größe verlor.

Der Hag, der umhegte Raum, der eingezäunte Bereich, markiert entscheidend die Seßhaftwerdung des Menschen. Der so vor der Wildnis geschützte Bereich ermöglichte erst die wiederholte Kultur von nutzbaren Pflanzen.

Allen dreien, nennen wir sie Frühzeitgärten, gemeinsam ist die bewußte Bearbeitung des vom Innern der Behausung, Höhle Zelt Hütte, unterschiedenen Außen. Als Konsequenz entsteht in diesem Außen die Trennung gewollt menschlich Verändertem von der umgebenden unveränderten Wildnis.

Zwar kann auch in der Frühzeit des Menschen von ihm bearbeitetes, nicht als Garten gemeintes, Außen nachgewiesen werden, nebenbei verändert sozusagen, etwa bei der Werkzeugherstellung oder bei der wiederholten Nutzung immer gleicher Pfade. Jedoch müssen derartige Veränderungen als Landschaftsgestaltungen gesehen werden, und das Ergebnis kann als Landschaftsgarten bezeichnet werden.

Somit ist Garten ursprünglich das menschlich bearbeitete von der naturbelassenen Wildnis unterschiedene Außen.

Dieser universelle Anspruch des Gartens ist am anschaulichsten vertreten worden von der englischen Gartenkunst des 18. Jahrhunderts, wo sich die Gärten in die Weite der Landschaft öffneten, diese in die Gestaltung aufnehmend.

Also ist nach dieser Definition alles kulturell bearbeitete Außen Garten, die Autobahn genauso wie der genutzte Wald, der Acker ebenso, wie Plätze Wege Parks. Nur das Innen der Behausung und die außer Wüsten und Meeren relativ wenigen kulturell unbearbeiteten Flächen der Erde sind nicht Garten.

Was ist Kunst und Ursprung der Kunst

An dieser Frage scheiden sich die gelehrten Geister. Der Begriff ist in letzter Zeit immer weiter gefasst, Grenzziehungen zur Nichtkunst zunehmend individueller empfunden worden.

Wann ist ein Kunstwerk Kunst? Erst, wenn es im Kunstmuseum gelandet ist und reicht ein Aufenthalt daselbst aus, um als Werk Kunst zu sein? Wann ist ein Theaterspiel Kunst? Erst wenn es in großen Häusern vorgetragen wird und erst wenn sich in 100 Jahren die Kunsthistoriker noch daran erinnern? Wann ist eine Fotografie Kunst? Wann ist eine Architektur Kunst, wann ist eine Performance künstlerisch wertvoll?

Allen Fragen gemeinsam ist, daß sie von verschiedenen Menschen verschieden beantwortet werden würden. Mit den Jahren erst bilden sich gemeinschaftlich anerkannte Meinungsströme, die nun glauben, wichtige von unwichtiger Kunst scheiden zu können.

Der heute künstlerisch tätige Mensch interessiert sich für diese Fragen in der Regel nur, insofern es ihn materiell betrifft. In erster Linie geht es ihm darum, gestaltend tätig zu sein, wie und auf welche Art auch immer, Kunst zu schaffen.

Die Ursprünge der Kunst werden gern in Höhlenmalerei und früher Skulptur gesehen. Zuweilen wird auch unterschieden zwischen zweckgerichtetem Handeln der frühen Menschen, Werkzeugherstellung usw., und zweckfreiem, es sei denn, kultischen Zwecken dienendem Handeln.

Die Umhegung eines Bezirkes zum Zwecke der landwirtschaftlichen Nutzung wäre also zwar ein kultureller Akt, nicht jedoch Kunst, da ihr der banale Zweck des Schutzes der Pflanzung vor der Wildnis zu Grunde liegt.

Ob die Wandlung von Wald in Lichtung ein künstlerischer Akt sei, wäre schon schwieriger zu beantworten, da über die verschiedenen Aspekte der Motivation nur Vermutungen angestellt werden können. Der Schutzaspekt tritt möglicherweise zurück hinter dem Wunsch, den Himmel zu sehen oder einen Ort für kultische Rituale zu schaffen.

Der Hain ist sicher sehr früh schon ein heiliger gewesen, bewohnt nicht nur von Menschen, sondern ebenso von Geistern, Elfen, Kobolden usw.. Die Schaffung eines solchen kann also als künstlerischer Akt bezeichnet werden, da kultische Zwecke im Vordergrund gestanden haben werden.

Was ist Gartenkunst

Nach Klärung des Begriffs Garten als menschlich bearbeitetes Außen im Gegensatz zum Innen und zum unbearbeiteten Außen und nach skizzenhafter Beleuchtung verschiedener Schwierigkeiten, den Begriff Kunst zu definieren, ergibt sich für den Begriff Gartenkunst zwangsläufig die Definition des künstlerisch bearbeiteten Außen, alle Schwierigkeiten und Unwägbarkeiten, die der Begriff Kunst mit sich bringt, einschließend, denn was in, sagen wir, 100 Jahren die Menschen von dem heute Entstehenden denken werden, kann nur vage vorhergesagt werden und sollte uns in unserem Tun insoweit nicht behindern.

Demnach ist denkbar, Gartenkunst vorläufig als all das zu bezeichnen, was künstlerisch tätige Menschen im Außenbereich anstellen, die Graffiti an der (Außen)wand genauso, wie das aufwendig gestaltete mit Orchideen und Bromelien bepflanzte Relief, das den Garten zur Auffahrt hin begrenzt, das Radioballett, bei dem viele Menschen in einer Einkaufsstraße angeleitet von einem Radioprogramm gleichzeitig für Unbeteiligte überraschende Bewegungen vornehmen, ebenso, wie den historischen Park, der heute noch die Massen verzückt.

Dieser Ansatz gilt auch für künstlerische Aktivitäten in den kulturell vom Menschen bisher nicht bearbeiteten Zonen der Erde, selbst wenn dort keine Spuren hinterlassen werden oder nur einige Fotografien von der Bearbeitung zeugen, da im künstlerischen Akt die Wildnis kulturell bearbeitet und somit zumindest zeitweilg Garten wurde.

Gartenkunst, die lange Jahrzehnte merkwürdig undefiniert war, ist also die größtmögliche Klammer, die denkbar ist, Kunst im Außen. Jeder künstlerisch tätige Mensch, der außerhalb der vier Wände arbeitet, schafft Gartenkunst. Das ist der universelle Anspruch der Gartenkunst. In ihr sind alle anderen Künste zu Hause.

2 Comments so far

  1. Andrea on August 28th, 2008

    Wenn die Straße Außen ist, warum den Garten einzäunen wenn der Garten auch Außen ist? Die Wildnis war doch ein einziges großes Außen und sobald es irgendwie belebt war, war es schon das Eigentum derer die es nutzen. Der Unterschied liegt wohl an der Offenheit der Räume, wie Offenheit der Lebewesen für andere Lebewesen. Und der Zaun dient dem Schutze des Gartens vor dem anderen Außen wie dem Innen…Oder dient der Zaun zur Abgrenzung des anderen Außens und Innerens vor dem Garten? Wer baut den Zaun? bzw. Wer oder Was erläßt die Gründe für den Bau des Zauns?

  2. Olaf on September 1st, 2008

    Außen ist außen, egal, ob Zaun. Nur das geschlossene Dach macht das Innen aus. Der Garten kann einen haben, aber braucht keinen Zaun. Nur, wenn Rehe und Hasen das Gemüse naschen wollen, muß ein Zaun her. Und wenn sie nicht auf die Autobahn laufen sollen.